Die Asiatische Hornisse (Vespa velutina)
Die persönliche Einschätzung eines Karlsbrunner Imkers
Eine bislang unterschätzte gefährliche invasive Hornissen-Art, die nicht nur unsere Insektenwelt hochgradig gefährdet und hier in Europa absolut nichts verloren hat, breitet sich mit der asiatischen Hornisse (Vespa velutina) rasant aus.
Ich halte mittlerweile seit über 40 Jahren Bienen. Ich konnte bisher alle möglichen Bedrohungen meiner Tiere, vor allem die sogenannte Varroa-Milbe, relativ gut abwehren. Auch die einheimische Hornisse war hier keine Problem. Aber die asiatische Hornisse stellt aufgrund ihrer Intensität und Präsenz eine Bedrohung in einer völlig anderen Dimension dar.
Im Vergleich zur einheimischen bestandsbedrohten europäischen Hornisse sprengt die asiatische Hornisse alle Dimensionen. In einem kleinen sogenannten Primärnest im Frühling jeden Jahres beginnt die Königin ihr Volk zu gründen. Solche kleineren kugelförmigen Nester sind zu dieser Zeit vornehmlich bodennah in Hecken und Sträucher und an gärtnerischen bzw. landwirtschaftlichen Gebäuden zu finden. Wird dieses Primärnest zu klein, siedelt die Königin um; es werden sogenannte Sekundärnester meist höher in Baumwipfeln gebaut.
Die mittlere Größe eines Sekundärnestes liegt bei 50 bis 100 cm und hat durchschnittlich 4.000 bis 5.000 Tiere. Es können sich kleinere aber auch wesentlich größere Nester mit bis zu 10.000 Tieren entwickeln. Ein solches Nest kann bis zu 500 Königinnen produzieren, die sich infolge wieder ausbreiten und somit in Deutschland und ganz Europa eine rasante Vermehrung angestoßen haben.
Ein Sekundärnest der asiatischen Hornisse (Vespa velutina) benötigt je nach Größe als Futter für den Nachwuchs weit über 10 kg Biomasse. Man stelle sich mal die Menge von 10 kg Insekten auf einem Haufen vor!
Zum Speiseplan zählen alle möglichen, auch Arten geschützte und in ihrem Bestand bedrohte, Insekten. Die größte Volksstärke erreicht die asiatische Hornisse (Vespa velutina) im November bis Dezember; eine Zeit, zu der sich alle anderen heimischen Insekten zur Winterruhe zurückziehen. Natürliche Feinde hat diese Hornisse offensichtlich nicht.
Vor allem aber zählen auch unsere Bienenvölker zur Hauptspeise dieser Hornisse.
Im Grunde ist ihr Jagdverhalten am Bienenstock ähnlich der heimischen Hornisse: Hat diese Hornisse einen Bienenstand als Beute auserkoren, so steht sie wie ein Kolibri vor dem Flugloch des Bienenstockes in der Luft und schnappt sich an- und abfliegende Sammlerbienen oder auch Bienen, die sich unachtsam vom Flugloch des Stockes entfernen. Ist das Bienenvolk entscheidend geschwächt und die Barriere der sogenannten „Wächterbienen“ am Flugloch durchbrochen, dringt diese Hornisse in die Beute ein und das Bienenvolk ist verloren.
Die steigenden klimabedingten Temperaturen in den letzten Jahren begünstigen nun die „Bienen-Jagd“ dieser Hornissenart. Normalerweise zieht sich die Biene bei Temperaturen von unter 10 Grad zurück, stellt den Flugbetrieb ein und sitzt ruhig und fest in der sogenannten Winterkugel. Der Imker kann das Flugloch einengen. Die Hornisse bleibt außen vor. Anders jetzt. Die hohen Temperaturen halten die Bienenvölker aktiv. Sie unterhalten ein größeres Brutnest, infolge gibt es eine hohe Flugfrequenz der Bienen mit Pollen- und Wassereintrag.
Der Bevölkerung bleiben diese Vorgänge rund um die asiatische Hornisse weitgehendst verborgen; auch der Imker, der zu dieser Jahreszeit nicht mehr regelmäßig seine Bienen beobachtet, kann überrascht sein. Letztendlich kann der Imker nur schützende Maßnahmen am Flugloch versuchen und mit Geruchsstoffen die Hornisse vom Stand weglocken. Wichtig wäre jetzt für die Bienenvölker ein deutlicher Rückgang der Außentemperatur.
Entscheidend für die nahe Zukunft wird aber die Dezimierung und Ausrottung des Bestandes der asiatischen Hornisse sein. Für die Beseitigung haben sich mittlerweile professionelle Teams entwickelt. Obwohl ich ein oder mehrere Nester in näherer Umgebung meines Bienenstandes vermute, konnte ich mit Entfernungsmessungen bislang noch kein Nest sichten und dokumentieren.
Unterschätzt wird meiner Meinung nach die Gefährlichkeit dieser Hornissenart gegenüber dem Menschen und Haustieren. Einzelne Flugtiere sind sicherlich nicht die Gefahr. Ein einzelner Stich dieses Tieres ist zwar schmerzhaft und kann bei Allergikern allergische Reaktionen auslösen.
Die asiatische Hornisse ist aber besonders sensibel und somit besonders gefährlich, wenn es um den Schutz des eigenen Volkes geht; sei es beim Primär- oder Sekundärnest. Nähert man sich dem Nest absichtlich oder unabsichtlich und versetzt es in Schwingung, kann es unweigerlich zu einem überfallartigen Verteidigungsangriff von bis zu 200 Tieren kommen. Die asiatische Hornisse hat einen wesentlich längeren Stachel, der auch dickere Kleider durchdringen kann. Das Gift der Hornisse ist sehr toxisch und enthält Schlangengift-ähnliche Substanzen. Mehrere Stiche können zu Organversagen führen und lebensbedrohlich werden, auch für unsere Haustiere wie Hunde, Schafe, Ziegen und Rinder. Diese Hornisse ist auch in der Lage, während des Angriffsflugs Gift zu spritzen, das wiederum in die Augen gelingen kann.
Herbstzeit ist Sturmzeit, Winde und Stürme nehmen von ihrer Intensität zu. Schnell ist ein Sekundärnest abgerissen, liegt infolge am Boden, wo das Hornissenvolk weiter aktiv ist. Aufgrund der großen Zahl an produzierten Jungköniginnen wird sich die Siedlungsdichte dieser Völker und somit die von ihnen ausgehende Gefahr in den nächsten Jahren stark erhöhen.
Meine Bitte nicht nur als Imker und Tierhalter:
Setzen Sie sich mit dem Thema „Asiatische Hornisse (Vespa velutina)“ auseinander, googlen Sie bei „https://www.velutina-saar.de/„.
Seien Sie aufmerksam und schärfen Sie jetzt Ihren Blick für meist hoch hängende große Hornissennester.
Achten Sie nach Stürmen auf mögliche am Boden liegende Hornissennester.
Bleiben Sie den Nestern fern und „machen Sie keine Experimente“.
Sichtungen solcher Hornissennester sind nach EU-Verordnung meldepflichtig. Machen Sie bitte so schnell wie möglich solche Meldungen (mit Foto und Standort) an zuständige Stellen wie Polizei, Feuerwehr, Gemeindeverwaltung oder vor allem über das Meldeprotal „https://www.velutina-saar.de/„, über die Mailadresse Asiatische-hornisse@umwelt.saarland.de oder über QR-Code der saarländischen Imkervereinigung.
Meldungen von Nestsichtungen sind wichtig und elementar, um diese invasive Hornissenart, die unseren gesamten Insektenbestand bedroht, zurückzudrängen und um eine weitere Ausbreitung zu verhindern!
Helfen sie jetzt der Imkerschaft im Kampf gegen dieses Tier, das hier völlig fehl am Platz ist und den Bestand unserer Insekten und Bienen im Gesamten gefährdet!
Die Informationen wurden zusammengetragen vom Bieneninstitut Mayen, vom Saarländischen Imkerverband e.V., von untergeordneten Kreisverbänden und von der vergangenen Führungskräftetagung der Feuerwehren des Saarlandes. H.-U. Vollmer, seit 1980 Mitglied im Deutschen Imkerbund, Landesverband Saar e.V., wesensgemäße Haltung und Bestandssicherung nach Ed & Dee Lusby (resistantbees.com) und nach Mellifera e.V. (mellifera.de).